3 Dinge, die Kandidaten in Vorstellungsgesprächen HASSEN – und wie ihr es besser macht
Vom Monolog zur echten Begegnung: Warum ein Perspektivwechsel im Recruiting so dringend nötig ist
Viele Unternehmen wundern sich, warum gute Bewerber nach einem Gespräch abspringen oder nie wieder etwas von sich hören lassen. Dabei liegt der Grund oft nicht an der Stelle oder dem Gehalt – sondern am Gespräch selbst. Die Wahrheit ist: Vorstellungsgespräche sind für viele Kandidaten ein unangenehmes Pflichtprogramm. Nicht, weil sie Angst davor haben. Sondern, weil sie sich nicht ernst genommen fühlen.
In einer Zeit, in der qualifizierte Fachkräfte wählen können, muss sich das Recruiting verändern. Es reicht nicht mehr, Prozesse zu optimieren – es braucht echte Begegnungen. Und die beginnen damit, dass wir verstehen, was Bewerber:innen wirklich nervt.
Hier kommen die drei häufigsten Fehler – und wie ihr sie vermeidet:
1. Monolog statt Dialog: Der Redefluss der Entscheider
Viele Interviews gleichen einem Frontalvortrag. 20 Minuten Unternehmensvorstellung, dann zehn Fragen am Stück, bei denen kaum Reaktionen gezeigt werden – und zum Schluss: „Haben Sie noch Fragen?“
Was Kandidaten dabei erleben, ist keine Begegnung auf Augenhöhe, sondern ein Bewertungsszenario. Wer sich aber wie unter einem Brennglas fühlt, öffnet sich nicht – und zeigt nicht, was wirklich in ihm steckt. Schlimmer noch: Der Eindruck bleibt haften, dass das Unternehmen nicht zuhören kann.
So macht ihr es besser:
Führt ein echtes Gespräch. Wechselt zwischen Fragen, Reaktionen und Impulsen.
Interessiert euch wirklich für die Person – nicht nur für die Stationen im Lebenslauf.
Gebt Raum für Gegenfragen – und beantwortet sie ehrlich, nicht aus dem Sales-Handbuch.
Holt euch Feedback: „Wie war das Gespräch für Sie?“ – das wirkt menschlich und ist Gold wert für eure Weiterentwicklung.
2. Fragen, die niemand mehr hören will
„Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ – „Was sind Ihre größten Schwächen?“ – „Warum sollten wir gerade Sie einstellen?“ Diese Fragen sind längst durchgespielt. Sie wirken beliebig, austauschbar und wenig interessiert an der Person gegenüber. Vor allem in kreativen oder digitalen Berufen wirken sie wie ein Anachronismus.
Kandidaten fühlen sich bei solchen Fragen oft in eine Schublade gesteckt. Und im schlimmsten Fall denken sie: „Wenn schon das Gespräch so läuft, wie wird dann der Alltag aussehen?“
Was stattdessen hilft:
Nutzt situative Fragen: „Wie sind Sie in einem Projekt mit schwierigen Stakeholdern umgegangen?“
Fragt nach konkreten Erfahrungen statt nach Worthülsen.
Gebt eigene Einblicke: „Ich hatte neulich genau diese Herausforderung – wie würden Sie damit umgehen?“
Das schafft Dialog, nicht Verhör.
3. Kein Feedback. Kein Follow-up. Kein Interesse?
Nichts frustriert Bewerber so sehr wie Funkstille nach einem Gespräch. Selbst nach einem vielversprechenden Interview kommt oft: nichts. Kein Zwischenstand, keine Entscheidung, kein Dankeschön. Das ist nicht nur unhöflich – es ist auch fahrlässig im Kampf um Talente.
Gerade für Kandidaten, die sich in mehreren Prozessen befinden (und das sind die meisten), sendet so ein Verhalten klare Signale: „Wir haben dich nicht nötig.“ Oder schlimmer: „Wir haben dich vergessen.“
Was ihr ändern solltet:
Klärt am Ende des Gesprächs den nächsten Schritt – und haltet ihn ein.
Gebt zeitnahes Feedback – selbst wenn es nur ein Zwischenstand ist.
Wenn ihr absagt, tut es respektvoll und mit Begründung.
Bewerber investieren Zeit, Energie und oft Emotionen in den Prozess. Das Mindeste, was sie verdienen, ist Wertschätzung.
Der Perspektivwechsel: Denkt wie ein Bewerber, nicht wie ein Prüfer
Recruiting ist kein Auswahlverfahren mehr. Es ist ein beidseitiges Kennenlernen – und sollte auch so gestaltet sein. Wer heute im Gespräch überzeugt, schafft die Grundlage für Bindung. Und Bindung beginnt mit Beziehung.
Stellt euch vor:
Ihr sitzt im Gespräch und bekommt ehrliches Interesse statt leerer Phrasen.
Ihr könnt euch zeigen, wie ihr seid – ohne Angst vor Floskelfallen.
Ihr geht mit einem guten Gefühl nach Hause, selbst wenn es nicht passt.
Das ist modernes Recruiting.
Was ihr konkret tun könnt – Checkliste für bessere Gespräche
Vorbereitung statt Improvisation: Kennt die Person, nicht nur den CV.
Willkommensgefühl erzeugen: Stellt euch kurz vor, schafft Vertrauen, nehmt Druck raus.
Echte Fragen stellen: Was interessiert euch wirklich an dieser Person?
Transparenz zeigen: Auch über Herausforderungen im Team oder Unternehmen sprechen.
Feedback geben: Ehrlich, respektvoll, nachvollziehbar.
Follow-up sicherstellen: Kein Ghosting. Kein Wartenlassen. Klare Kommunikation.
Fazit: Gespräche auf Augenhöhe sind keine Kür – sie sind Pflicht
Der Arbeitsmarkt hat sich verändert – und Recruiting muss sich mitverändern. Kandidaten erwarten nicht mehr nur Jobangebote, sondern Respekt, Dialog und Begegnung. Wer im Gespräch überzeugen will, braucht keine Show – sondern eine klare Haltung.
Und die beginnt mit Zuhören, Interesse und der Bereitschaft, sich selbst zu zeigen.
Denn am Ende entscheiden sich Talente nicht für Stellen – sondern für Menschen.